Batranul - eine Geschichte vom Vertrauen


HALLO, erinnert sich vielleicht der eine oder andere von euch noch an mich? In Rumänien haben sie mich BATRANUL genannt, das bedeutet so viel wie „der Alte“.

Elke und Dorin haben mich im September letzten Jahres neben dem Betonweg, der zur Pflegestelle des Freundeskreises, dem Haus am See führt, unter der Brücke liegend gefunden. Diese Stelle ist bekannt als beliebter Platz um Hunde auszusetzen. Als mich Elke und Dorin dort entdeckten, war ich völlig entkräftet, bis auf die Knochen abgemagert und konnte mich kaum noch auf den Beinen halten. In den letzten Jahren ist mir das Leben auf der Straße immer schwerer gefallen, der tägliche Kampf um ausreichend Futter... Ich war in einem so schlechten Zustand, dass alle dachten, einen uralten Hund vor sich zu haben. Und deshalb gaben sie mir den Namen Batranul. Elke und Dorin hätten mich am liebsten gleich mitgenommen, aber das habe ich damals nicht zugelassen, denn meine Erfahrung sagte mir, dass ich euch Menschen lieber nicht trauen soll.

 

Ich hätte auch niemals gedacht, dass Dorin oder Maria danach wirklich jeden Tag kamen, um mir Futter zu bringen. Und sie kamen immer, egal ob bei großer Hitze oder in strömendem Regen. Ich wartete auch immer schon auf sie. Ich passte immer gut auf und traute den beiden nach einigen Wochen immerhin schon so weit, dass ich sofort aus meinem Versteck kam, wenn ich ihr Auto kommen sah. Und durch das gute und regelmäßige Futter habe ich im Laufe der Zeit schön zugenommen. Elke hat mich sogar mit einer Wurmkur und einem Mittel gegen Zecken, Flöhe und Milben behandelt. Aber richtig anfassen lassen wollte ich mich immer noch nicht. Zu tief saß das Misstrauen bei mir. Deshalb entschied der Freundeskreis, dass es für mich die beste Lösung wäre, in Freiheit leben zu dürfen und trotzdem gut gefüttert und medizinisch versorgt zu sein. Dort unter der Brücke war ich auch gut geschützt, und dort lag so viel Heu, dass ich es mir ganz gemütlich machen konnte.

 

Aber dann, an einem Tag im Dezember, passierte etwas Schreckliches. Ein Rudel freilaufender Hunde stürzte sich auf mich und fügte mir schwere Bissverletzungen zu. Als Maria an diesem Tag kam, um mich zu füttern, fand sie mich schwer verletzt unter der Brücke liegend. Maria sah, dass ich dringend Hilfe benötigte und hat mich zusammen mit Christina eingefangen und sofort in die Tierarztpraxis von Dr. Ciuciuc gebracht. Nachdem ich dort gleich behandelt wurde, nahm mich Maria mit zum Haus am See und hat mich zusammen mit Dorin monatelang gepäppelt und gesund gepflegt.

 

Nach wenigen Tagen am Haus am See nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und beschloss, Dorin und Maria zu vertrauen. Erst dadurch habe ich erfahren, wie schön es ist, wenn man gestreichelt und rundum versorgt wird. Mein Leben begann sich zu ändern.

Schon nach kurzer Zeit war ich kaum wiederzuerkennen. Ich entwickelte mich zu einem wunderschönen, gut genährten Hund mit richtig schönem Fell. Und erst da sahen sie, dass ich deutlich jünger war, als sie bisher vermuteten, nämlich erst ungefähr 8 Jahre alt.

Batranul findet seine Familie und sein Für-Immer-Zuhause

 

Und jetzt war der Ehrgeiz vom Freundeskreis geweckt. Sie wollten unbedingt versuchen, dass ich für meinen zweiten Lebensabschnitt kennenlerne, wie es ist, in einem richtigen Zuhause zu leben und dort geliebt und umsorgt zu werden. Und sofort starteten sie alle Vorbereitungen. Ich bekam alle notwendigen Impfungen, meinen Mikrochip und meine Kastration und musste bei einer Zahnsanierung noch einige Zähne 🦷 opfern. Und das alles musste richtig schnell gehen, weil … stellt euch vor, eine liebe Familie mich gesehen hat und mir ein wunderschönes Zuhause anbot, mir, Batranul, dem alten Straßenhund aus Rumänien.

 

Im Februar war es dann schon so weit, dass mich Dorin und Maria zum Reisebus brachten. Nach all den gemeinsamen Monaten war es ein sehr tränenreicher Abschied. Sie haben mich auch nur gehen lassen, weil sie wussten, dass dort, wo ich hinfahre, ein wunderschönes Leben auf mich wartet.

 

Meine Familie sagt, ich wäre ein sehr liebevoller Hund, und dass ich es verdient hätte, ein Zuhause zu haben, in dem ich geliebt werde und in dem man sich um mich kümmert. Und das tun sie jeden Tag für mich. Und ich danke es ihnen jeden Tag. Gleich am Anfang hat mir meine Familie auch einen neuen Namen gegeben, weil Batranul jetzt ja nun wirklich nicht mehr zu mir passt. Ich heiße jetzt MILOW, ist das nicht ein schöner Name?

Am Anfang war ich noch ein wenig schüchtern und zurückhaltend, aber vertraut habe ich meiner Familie sofort. Ein richtiger Draufgänger werde ich wohl nie, das liegt einfach nicht in meiner Art, aber ich bin auch schon lange nicht mehr schüchtern, sondern bin im Laufe der Zeit sehr „aufgetaut“. Sie sagen, dass man mir meine schlimme Vergangenheit auf der Straße nicht mehr anmerkt. Ich liebe unsere gemeinsamen Gassi-Runden und bin inzwischen ein fester Bestandteil meiner Familie. Als Wachhund würde ich zwar keine gute Figur abgeben, sagt meine Familie, aber das wäre auch nicht nötig. Ich bin nämlich ein sehr ruhiger Zeitgenosse, der sich von wirklich nichts aus der Ruhe bringen lässt.

Wenn ihr einen Rat von einem ehemaligen Straßenhund aus Rumänien, hören wollt, dann rate ich euch, macht es wie ich, genießt einfach jeden Tag, den das Leben euch schenkt. Und am besten fangt ihr gleich heute damit an, wir haben nämlich alle keine Zeit zu verlieren.